Apfelgedicht

 

Seit vielen stunden fahre ich

mit meinem velo sehr glücklich

bei schönstem wetter über land,

doch leider ohne proviant.

Ein magenknurren meldet sich.

Ich denk’: Wie dumm, wie ärgerlich,

dass es hier nirgends beizen hat,

denn nun bin ich hungrig und matt.

Doch überall steh’n apfelbäum’,

so viel, dass ich davon noch träum’.

Wer hat die all dahin gestellt?

Dies ist die reinste apfelwelt!

Ich denke: Welch ein grosses glück,

ich geh’ doch einfach hin und pflück’

mir einen apfel und ich ess’,

dass ich den hunger schnell vergess’.

Doch schon kommen mir zweifel auf,

obs richtig sei, wenn ich nicht kauf’,

was ich nun hungrig hier begehr’.

Vielleicht guckt gar der bauer her!

 

Ich schaue, wo der bauer ist.

Vielleicht verbreitet er grad mist.

Vielleicht melkt er jetzt grad die kuh.

Vielleicht schaut er den mägden zu,

wie die arbeiten, schnell und flott.

Vielleicht isst er apfelkompott.

Vielleicht macht er jetzt apfelwein.

Vielleicht bringt er die ernte ein.

Doch jedenfalls – ich seh’ ihn nicht.

Darauf bin ich auch nicht erpicht.

Denn ohne seine gegenwart

bleibt mir wohl ärger jetzt erspart.

Ich frage mich, obs besser wär,

der bauer käme jetzt gleich her.

Er gäbe mir wohl ganz bestimmt,

was man sich doch nicht einfach nimmt.

Doch kanns nicht ein verbrechen sein,

wenn ich nun hier, so ganz allein,

nur einen einz’gen apfel nähm’

und mich dafür ein wenig schäm’.

 

Die äpfel hängen tausendfach

im überfluss im blätterdach.

Der bauer hat sie kaum gezählt,

er merkt doch nicht, wenn einer fehlt.

Und äpfel fallen noch und noch

verfault vom baume. Die sind doch

rein wirtschaftlich dann nichts mehr wert,

von gar niemandem mehr begehrt.

Vielleicht knickt heute noch ein sturm

all diese bäume. Und der wurm,

der stets allgegenwärtig ist?

Was dann, wenn dieser frisst und frisst?

Und wütet erst die apfelpest,

vernichtet sie den ganzen rest!

Ich nähere mich meinem ziel,

denn gründe gibts dafür doch viel.

Hauptsache ist, es siehts niemand,

wenn ich nun pflück’ mit flinker hand.

Doch gibts darüber ein gedicht,

verrat’ ich mich – und klau’ halt nicht.